Golfkurs….


Es begab sich, daß mir ein sehr zufriedener Kunde einen Golfkurs schenkte… Seine Firma veranstaltet solche Kurse, und ich sollte doch mal einen Schnupperkurs mitmachen…
Ich dachte: Golf? Diese Sportart, bei der man mit horrenden Clubbeiträgen die teuersten Rasenmäher des Landes beschäftigt? Och neeee….
Aber da das ein guter Kunde war….ließ ich mich erweichen…

Freitag war es dann so weit.
Ich komme in Schärding/Österreich auf dem Gelände an und mir schießt als erstes durch den Kopf: Was für eine Verschwendung von Weideland…
Wenigstens war ich stilecht mit einem Golf zum Golfen gefahren, womit ich das billigste Auto auf dem Parkplatz fuhr….
Ich kam nicht umhin, gelegentlich Vergleiche zwischen meinem Sport, dem Reiten, und dem Golfen zu ziehen.

Es gibt gleich mal Golf-Theorie.
Wir beginnen mit der Etikette auf dem Platz. Man grüßt alle freundlich und wünscht sich ein „Schönes Spiel“. Das ist ja mal nett.
Als Ergänzug der Ausrüstung soll man etwas zu trinken, etwas zu essen und ein Handtuch mitnehmen. Anfängern wird ein Heftpflaster empfohlen. Ich frage mich, ob ein Heftpflaster wirklich das Mittel der Wahl ist, wenn ich jemandem einen Ball oder Schläger vor’s Hirn dresche. Was wird der Notarzt zu mir sagen, wenn ich meinem ohnmächtigen Mitspieler ein Pflaster auf die 5 cm Platzwunde geklebt habe?

Wir kommen zu den diversen Unpässlichkeiten, die einem beim Golfspielen passieren können.
Liegt der Ball nahe an der Platzgrenze, ist es nicht erlaubt, die Grenzmarkierungspfosten zu entfernen, um eine bessere Position zum Ball zu bekommen. Ja, das ist nachvollziehbar, ich darf beim Springreiten ja auch nicht den Zaun entfernen, damit ich in einem besseren Winkel an den Sprung komme. Der Platzbegrenzungspfosten ist ein unbewegliches Hemmnis und darf nicht entfernt werden. Er hat somit die gleiche Stellung wie etwa eine Holzhütte, ein Hochspannungsmast oder auch ein Baum.
Eine Parkbank hingegen ist ein bewegliches Hemmnis und darf somit weggeräumt werden. Ich stelle mir gerade vor, wie ich am Dressurviereck absteige und den Blumenkübel entferne, vor dem mein Pferd immer scheut…..
Mein Lieblingsbegriff waren jedoch die „losen, hinderlichen Naturstoffe“. Damit sind Laub, Äste, Hundehaufen (kein Witz!) und ähnliches gemeint. Die darf man entfernen, solange man den Ball dafür nicht bewegt. Hm, da sind wir Reiter strenger, wir müssen die losen Naturstoffe auf jeden Fall aus Halle und Hof entfernen, auch wenn sie nicht unbedingt hinderlich sind (Außer, man reitet einen Hengst, der jeden Haufen anschüffeln möchte…), dafür aber nicht zuträglich für die Qualität des Bodenbelags. Man darf übrigens, wenn man seinen Golfball sucht (glaubt mir, das macht man öfter, als man möchte), keine Biotope betreten, Grasbüschel auseinander biegen oder Zweige umknicken. Zugegeben, da habe ich auf manch einer Hufeisen-Suchtour schon einiges verbogen und verknickt….

Am Samstag kamen wir dann zur Praxis. Ich wurde gefragt, ob ich denn schonmal mit Golf zu tun hatte. Ich verschwieg lieber, daß mein erster Kontakt zu einem Golfplatz damals war, als unsere komplette, frühlingsfrische Schulpferde-Abteilung quer über die Golfbahn durchging…Puh, was haben die gebraucht, um die Löcher aus dem Rasen zu bekommen….. So wurde ich dann gefragt, ob ich links oder rechts spiele. Ich hatte natürlich keine Ahnung, denn ich habe ja noch nie Golf gespielt und bin Beidhänder. Da es aber sowieso nur Schulschläger für Rechtshänder gab, war die Frage schnell geklärt. Ich fühlte mich wie in der Reitstunde, alle auf Privatpferden, nur ich nicht. Sprich, alle hatten einen eigenen Satz Schläger, obwohl sie zum Teil erst ein zwei Mal Golf gespielt hatten. Tja, eine eindeutige Parallele zum Reitsport. Allerdings schadet es den Schlägern nicht wirklich, für die Pferde ist es oft nicht so prickelnd.
Nun wurde uns die Abschlagposition beigebracht. Zuerst, wie man den Schläger hält. Man muß die Hände ziemlich nach außen drehen, und das jemandem, der reitet. Dann muß man sich auch noch leicht nach vorne beugen und einen Entena*** machen. Na toll. Ich kämpfe seit zwanzig Jahren, meinen Entenhintern gerade zu biegen, und jetzt das. Ich habe also eine natürliche Golfer-Position. Von daher fand ich diese Haltung nicht besonders schwer. Becken in Endposition? Klar, das macht es ständig von selbst….

Auf ging es zur Driving Range, um einen ersten Kontakt zum Ball herzustellen. Die Driving Range ist eine Art Abreiteplatz für Golfspieler, da kann man sich warmschlägern, warmpitchen (mittellange Schläge ab 15 m) und warmchippen (kurze Schläge zwischen 15 und 5m), ohne andere Personen zu gefährden. Das war mein Lieblingsplatz an diesem Tag.
Der Ball ist viel kleiner, als man denkt, und leider bringt einem die gängige Reiterpraxis, in die Richtung zu schauen, in die man möchte, genau das Gegenteil. Erstens trifft man den Ball nicht und zweitens wenn man ihn doch trifft, fliegt er garantiert in alle Richtungen, nur nicht in die richtige. Man muß im Gegenteil die ganze Zeit den Ball mit dem Blick fixieren, und auch, wenn er schon weg ist, starrt man die Stelle an, auf der er lag, bis man die Endhaltung des Abschlags erreicht hat. Erst dann schaut man, wo der Ball gerade fliegt. Somit hatte ich die Begründung gefunden, warum ich meinem Pferd immer auf die Mähne starre…es geht besser dahin, wo es will….

Schließlich ging es auf die Übungsbahn. Eine Golfbahn besteht aus dem Abschlag, dem Fairway, daß ist die Strecke bis zum Loch, das Gras ist ca. 5cm hoch, dem Rough, da ist das gras bis 10 cm hoch, dem Semi-Rough, da wird es noch höher und dem Hard Rough, da hatte der Greenkeeper dann keine Lust mehr zum Mähen. Rund um das Loch ist das Green, da ist das Gras tatsächlich nur 1-1,5 cm hoch und trotz 33°C im Schatten war es saftig grün. Genetisch verändertes, spezielles Golfgras?!
Jedenfalls fand ich, daß der Fairway bestimmt eine tolle Galoppierbahn ist, und auf dem Green läßt es sich bestimmt schön barhuf Dressurreiten… Aber gut… Wir übten eine bestimmte Pitching-Haltung, es sah ein bißchen so aus, als würde eine Herde Gorillas mit Stöcken nach Ameisen suchen.

Spätestens gegen 14 Uhr, Beginn war um acht, sahen wir alle aus wie Grillhähnchen. Die beste Sonnencreme bringt nichts, wenn man stundenlang in der prallen Sonne rumsteht, und damit es nicht zu viele unbewegliche Hemmnisse gibt, stehen auch nicht wirkich viele schattenspendende Bäume herum. Noch dazu flogen da Massen von Bremsen herum, Golfer haben also eine ähnliche Wirkung auf die Viecher wie Pferde. Und es gab auch so komische Tiere, die sahen aus wie große Fliegen, waren aber bunt und haben ganz übel zugestochen.*autsch* Da sind Bremsen richtig harmlos dagegen.
Ab drei Uhr wurden wir auf den 6-Loch-Übungsplatz losgelassen. Laut Infotafel hatten diese Löcher Par 3, sollten also mit 3 Schlägen zu erledigen sein. Das ist ungefähr so, als wolle man einem erzählen, daß man eine A-Dressur grundsätzlich mit 7.0 schafft. Für die erste Bahn habe ich ca. 25 Schläge gebraucht und habe ungefähr 1 kg Erde-Gras-Gemisch das Fliegen beigebracht.

Bei Loch 2 landete mein Ball in einem Sandbunker.
Angeblich haben die ersten Golfer an der Schottischen Küste auf dem Streifen Land zwischen Strand und Weiden gespielt. Dort grasten für gewöhnlich die Schafe. Und diese gruben sich zum Schutz gegen den harten Wind Löcher in den Sandboden. Sehr schön, was für ein Riesenschaf war dann bitte auf dem Golfplatz unterwegs gewesen? Oder war es eine Herde? Jedenfalls hatte ich nach diesem Sandkasten-Spiel – welch wunderschöne Wälzstelle für Pferde!!! – Körnchen in Mund, Nase, Hemd, Hose und Schuhen…. Dafür habe ich nur 9 Schläge gebraucht. Nach Loch drei, daß ich immerhin mit 7 Schlägen überwältigt hatte, war es Zeit für die Fußball-WM  und der Kurstag zu Ende.

Mit unzählichen Insektenstichen und megamäßigem Sonnenbrand kam ich mir vor, als hätte ich in der Mittagshitze einen 5-stündigen Orientierungsritt auf freiem Feld mitgemacht, allerdings hatte ich auch Sonnenbrand an den Beinen, das kenne ich als Reiter nun gar nicht, und ich roch natürlich auch nicht nach Pferd.

Den zweiten Tag habe ich dann sausen gelassen. Erstens bin ich so verbrannt, daß ich mir die Sonne heute nur von weitem anschaue, und zweitens… nee, Golfen ist nichts für mich.
Viel zu teuer.
Viel zu lang.
Viel zu viele komische Regeln…

und…

Der Golfschläger wollte weder ein Leckerli von mir noch hat er mich angeschmust…

Aber jetzt weiß ich, wie sich jemand fühlt, dem man unbedingt das Reiten zeigen möchte….

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